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AutorenbildGeorg Senoner

Bezieh einfach Stellung - Aufstellungsarbeit zur Unternehmensentwicklung

Auf einer Position zu beharren oder ständig von einer Position zur anderen zu springen, sind beides Haltungen, die einer konstruktiven Einigung im Weg stehen.

Wer die erste Strategie verfolgt, übersieht, dass eine Einigung ohne Annäherung und Kompromissbereitschaft nicht zustande kommen kann.

Wer hingegen vom Hölzchen aufs Stöckchen kommt, muss sich vor Augen führen, dass eine Einigung voraussetzt, dass jede Partei eine klare Position vertritt, von der aus man sich näherkommen kann. Sonst bleibt alles vage und undefiniert.

Beide Verhaltensweisen resultieren aus einem Mangel an Vertrauen, in die anderen und in sich selbst, und sind im Grunde genommen unbewusste und automatische Reaktionen auf die Angst, übervorteilt zu werden.

Wir alle haben vor Augen, wie Sitzungen ablaufen, wenn einige Teilnehmer ihre Position bis zum bitteren Ende verteidigen und die Sichtweisen anderer einfach von sich abprallen lassen und andere von einer Perspektive zur anderen springen, ohne klar zu machen, worauf sie wirklich hinauswollen.

Kommt es in einer solchen Situation dennoch zu einem Ergebnis, liegt es meist daran, dass jemand genügend Autorität hat, um eine Lösung vorzuschlagen, die von einer Mehrheit akzeptiert, aber wahrscheinlich nicht von allen mit Überzeugung getragen wird.


Die Grenzen von Sprache

Wenn Dynamiken wie die hier beschriebenen auftreten, stecken in der Regel weder Inkompetenz noch böser Wille dahinter. Der Auslöser ist meistens ein ganz anderer: im Eifer des Gefechts fehlen die richtigen Worte. Von der Emotionalität der Situation geprägt, stößt die gesprochene Sprache plötzlich an ihre Grenzen.

Eine verbale Sprache basiert auf mehr oder weniger abstrakten Konzepten, deren Bedeutung unabhängig von der Intention des Sprechers immer vom Hörer bestimmt wird. Das bedeutet, dass in der Konversation letztlich nicht der Sprechende den Sinn der eigenen Botschaft bestimmt, sondern der Hörende. Missverständnisse und daraus entstehende Konflikte sind sozusagen vorprogrammiert.

Bei freien Debatten kommt häufig hinzu, dass einige wenige das Gespräch an sich ziehen und das Meeting als Arena nutzen. Auch das schränkt den Raum zum gemeinsamen Denken und zum Einsatz kollektiver Intelligenz, insbesondere der impliziten und intuitiven, sehr ein.


Den konstruktiven Dialog fördern – ein Beispiel

Marvin Weisbord und Sandra Janoff (bekannt für ihre "Future Search"-Methode) haben zum Meeting-Management ein interessantes Buch verfasst mit dem Titel "Don't just do something, Stand there!" (zu Deutsch: "Mach nicht irgendwas, bezieh Stellung!") Klar und überzeugend machen sie deutlich, dass Stellungbeziehen die Voraussetzung schlechthin für einen konstruktiven Dialog ist.

Die Management Constellation-Methode nimmt die Empfehlung von Weisbord und Janoff beim Wort und das mit überraschenden Ergebnissen. Hier eine ganz aktuelle Erfahrung:

Die Geschäftsführer zehn verschiedener Unternehmen aus demselben Sektor, die sich zu einer informellen Erfa-Gruppe zusammengefunden hatten, beschlossen in einem Workshop miteinander zu beraten, wie sie mehr Gewicht gegenüber den Beamten und politischen Vertretern, die die rechtlichen Rahmenbedingungen für ihre Unternehmen bestimmen, gewinnen könnten. In einem Vorbereitungstreffen stellten sich zwei Hauptfragen heraus:

1. Wollen wir eine informelle Gruppe bleiben oder wollen wir uns in einer formal anerkannten juristischen Person etablieren?

2. Wollen wir uns weiterhin mit operativen Fragen befassen oder wollen wir strategische Vorschläge ausarbeiten, die wir den politischen Vertretern und Beamten vorlegen?

Während des Treffens beschlossen sie, eine Matrix mit den beiden Koordinaten informell <> offiziell und operativ <> strategisch am Boden zu markieren.


Nacheinander standen die Geschäftsführer auf, um nach einer stimmigen Position im Raster zu suchen und erklärten dabei ihre Überlegungen. Sobald sie die "richtige" Position gefunden hatten, schrieben sie die Essenz ihrer Argumentation auf ein Blatt, das sie als Platzhalter an der gewählten Stelle platzierten.

Während einer der Geschäftsführer das auf dem Boden gezeichnete Raster erkundete und dabei seine Gedanken äußerte, konnten die anderen Kollegen ihn viel leichter verstehen. Wie ihm Theater konnten sie neben den Worten, auch seinen Bewegungen folgen. Die Abstraktion der Worte wurde durch die Konkretheit der Bewegung kompensiert und so konnten sie sich gut in seine Erzählung einfühlen.

Diejenigen, die es gewohnt waren, von einer Position zur anderen zu springen, wurden aufgefordert, an einem bestimmten Punkt zu beginnen, um von dort zu anderen Perspektiven zu wechseln, bis sie eine überzeugende Lösung gefunden hatten.

Die hingegen, die normalerweise dazu neigen, ihre eigene Idee auf Biegen und Brechen zu verteidigen, wurden sich bewusst, dass ihre Sichtweise auch nur eine unter vielen möglichen war. Die Entfernung oder Nähe zu den Positionen der anderen wurde greifbar und es fiel ihnen somit leichter, sich den anderen ein paar Schritte anzunähern.

In dem hier beschriebenen Fall lagen die Positionen nahe beieinander und konzentrierten sich im Quadranten informell / strategisch. Durch die Darstellung der Positionen im Raum waren die Direktoren miteinander und mit dem Thema in Resonanz getreten und die anschließende Ausarbeitung konkreter Vorschläge verlief kreativ und reibungslos.

Hier einige Rückmeldungen: "Die Tatsache, dass wir uns in der Matrix nahe beieinander fanden, nährte das Zugehörigkeitsgefühl und hatte eine kathartische Wirkung ... es stärkte die Identität der Gruppe ... ein Aspekt, der auf emotionaler Ebene unsere weitere Arbeit beeinflusste, …. und es verstärkte auch das Gefühl, dem Ziel recht nahe zu sein und die Überzeugung, dass wir das Ziel erreichen könnten ... es begünstigte auch eine entspannte Stimmung und gab der Arbeit etwas spielerisches ... "

Warum ist diese Technik so effektiv?


Homöostase und das Gleichgewicht zwischen Denken, Intuition und Emotion

In der Entwicklung des menschlichen Gehirns bestand eine der Hauptfunktionen sicherlich darin, die Bewegungen des Menschen in seinem Umfeld zu steuern. Daher ist die räumliche Dimension ein wesentlicher Aspekt des menschlichen Denkens, insbesondere in seiner impliziten und unbewussten Komponente. Wissen ist im Gehirn in Form von mentalen Karten strukturiert, die uns zeigen, welche Wege eingeschlagen werden können, um ein Ziel zu erreichen.

Jede Vereinbarung ergibt sich aus der Erforschung verschiedener Positionen. Dieser Prozess wird mehr von der Intuition als vom rationalen Denken geleitet. Und er wird von einem wunderbaren Mechanismus gesteuert, der noch relativ wenig erforscht ist und Homöostase genannt wird. Der Verstand simuliert kontinuierlich die möglichen Entwicklungen einer Situation, bewertet sie aufgrund früherer Erfahrungen und drückt die Bewertung in Form von Emotionen aus.

Wenn sich einer der Geschäftsführer innerhalb des am Boden markierten Rasters bewegt, sagen ihm seine Intuition und seine Gefühle, welche Position und welcher Weg ihn am besten zu den Zielen führt, die er erreichen möchte.


Komplexitätsreduktion mit einer Zwei-Koordinaten-Matrix

Die Komplexität vieler Geschäftssituationen kann auf zwei wesentliche Dimensionen reduziert werden. Die Literatur zu Managementwissenschaften ist in der Tat reich an Modellen, die auf einer Zwei-Koordinaten-Matrix basieren. Zum Beispiel die SWOT-Analyse, die Chancen und Risiken auf einer Achse und Stärken und Schwächen auf der anderen aufzeichnet, die Boston Matrix, die Marktwachstum mit Marktanteilen in Beziehung setzt, die Rooms of Change, die Ablehnung und Zustimmung zur Veränderung unterscheidet und mit dem damit verbundenen emotionalen Zustand verknüpft. Und wir könnten noch viele andere Beispiele erwähnen.

Es ist jedoch nicht unbedingt erforderlich, auf in der Literatur beschriebene Modelle zurückzugreifen, da fast allen Situationen eine logische Struktur zugrunde liegt, die die wesentlichen Aspekte erfasst und die man mit einiger Übung leicht erkennen kann.

Eine Position nicht nur metaphorisch, sondern auch physisch im Raum einzunehmen, sich in einem Raster zu positionieren, das auf dem Boden gezeichnet ist, aktiviert die mentalen Karten und unterstützt den Prozess der Homöostase. Es hilft, sich des eigenen impliziten Wissens bewusst zu werden, stimuliert die Intuition und ermöglicht den Austausch mit Kollegen, wodurch kollektives Wissen generiert wird.



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